Demokratische Rechte und Pflichten...
Interview mit Ursula Meys
Falkenseer Kurier: Wie kam es, dass Sie zur Bezirksbürgermeisterkandidatin aufgestellt wurden?
Ursula Meys: Ich bin seit sieben Jahren stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und bin zum ersten Mal 2001 als Spitzenkandidatin der Spandauer SPD angetreten. Ich habe damals gemerkt, dass ich von ganzem Herzen Bezirksbürgermeisterin werden will und habe daraufhin fünf Jahre daran gearbeitet, dass meine Partei mich erneut aufstellt. Das Stimmergebnis bei der Nominierungs-Kreisdelegiertenversammlung, bei der ich an die 93 Prozent bekommen habe, ist auch ein Beweis dafür, dass die Mitglieder meiner Partei der Auffassung sind, ich sollte Spitzenkandidatin werden und ich werde diese Arbeit gut machen.
FK: Das Wahlprogramm der Spandauer SPD heißt „Spandau kann es besser!“. Was ist damit gemeint?
UM: Im Moment wird in Spandau eine Politik gemacht, die in vielen Bereichen auf den rot-roten
Senat und über die desolate Haushaltslage schimpft. Ich bin der festen Überzeugung, dass man trotz der schwierigen Haushaltslage, in dem sich das Land Berlin und auch der Bezirk Spandau befinden, eine Menge entwickeln kann. Jammern bringt den Bezirk nicht weiter. Kreativität und Eigenverantwortung sind gefragt. Wir müssen mit weniger mehr tun und umbauen, statt ausbauen.
FK: Die Spandauer SPD möchte ein Servicebüro im Rathaus einrichten. Was kann sich der Spandauer darunter vorstellen?
UM: Ich werde die Beratungskompetenz in Angelegenheiten der Wirtschaftsförderung und Beschäftigungspolitik bündeln. Das Servicebüro soll Anlaufstelle und Beratungsstelle für Unternehmen und Existenzgründer sein. Ich möchte in meinem Servicebüro auch Beratungskompetenz zum komplizierten Feld der EU-Angelegenheiten haben, weil im Bezirk noch nicht alle Möglichkeiten für EU-Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die Bürger, die sich in Spandau ansiedeln oder ein Unternehmen gründen wollen, sollen nicht von Pontius zu Pilatus laufen müssen.
FK: Das Servicebüro kümmert sich also nicht um Anliegen von privaten Einzelpersonen?
UM: Das Servicebüro soll Anlaufstelle für Unternehmensansiedlung und Mittelständler sein. Es gehört auch ein bisschen Quartiersmanagement dazu. Es ist kein Servicebüro, dass die Wege in der Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger verkürzt; dafür haben wir ja das Bürgerbüro, das hervorragend arbeitet. Wir wollen die Angebote des Bürgerbüros noch stärker vor Ort anbieten, so dass zum Beispiel ein mobiles Bürgerbüro vor großen Unternehmen steht und die Beschäftigten mal eben in der Mittagspause ihren Pass verlängern lassen können oder ähnliches.
FK: Was sind Ihre persönlichen Ziele als Bürgermeisterin?
UM: Neben den fachpolitischen Zielen, die im Wahlprogramm benannt sind, ist mein ganz persönliches Ziel, dass ich durch meine Art des Vorlebens und durch meine Art mit Begeisterung Politik zu machen, ein Stück weit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik zurückgewinnen möchte. Das möchte ich nicht nur um der Sache willen Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen sondern auch, um der Politikverdrossenheit entgegenzutreten. Damit sehe ich auch eine Chance, dass die Arbeit im Gemeinwesen erhöht wird, dass ich die Bürger auch dafür begeistern kann, sich stärker ins Gemeinwesen einzubringen.
FK: Sie unterstützen das kommunale Wahlrecht ab 16. Wieso halten Sie das für wichtig und sinnvoll?
UM: Ich halte es für sinnvoll, dass Jugendliche gerade im kommunalen Bereich Einfluss nehmen können, auch vor dem Hintergrund des ebengenannten Punktes des Interesses für das Gemeinwesen. Ich habe in vielen Gesprächen mit Jugendlichen erfahren, dass Sie über den Aufbau des politischen Systems so gut wie gar nicht informiert sind. Die Frage „Was ist die BVV?“ können sie in der Regel nicht beantworten. Hier muss viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Ich glaube, dass sich die Jugendlichen, wenn sie merken, dass sie durch die Wahl mitentscheiden können, verstärkt mit den konkreten Dingen, die in ihrer Kommune geschehen, auch auseinandersetzen. Die Jugendlichen brauchen ein Mitspracherecht.
FK: Liegt das Unwissen über politische Strukturen nicht auch an der politischen Bildung in der Schule?
UM: Ich will die Schuld nicht den Schulen zuschieben. Es ist aber tatsächlich so, dass wenig Kenntnisse über den Aufbau der kommunal-, landes- und bundespolitischen Strukturen vorliegen von Europa will ich gar nicht sprechen. Ich glaube, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Unterschied zwischen Europäischem Rat und Europarat nicht erklären kann. Da ist viel zu tun.
FK: Wenn Sie Bürgermeisterin würden, würden Sie Ihren alten „Job“ als Stadträtin für Jugend und Familie vermissen?
UM: Ich glaube, dass ich auch als Bürgermeisterin viel für die Jugendlichen und Kinder in unserer Stadt bewirken kann. Das Schaffen von Ausbildungsplätzen für Jugendliche muss zum Beispiel absolut zur Chefsache erklärt werden, bzw. in diesem Fall dann zur Chefinnensache, da das Wort eines Bürgermeisters bei den Unternehmen oft mehr gilt als das Wort einer Stadträtin für Jugend und Familie. Kinder- und Jugendpolitik ist auch eine Querschnittsaufgabe, was leider in Spandau nicht immer ausreichend erkannt wird. Das hängt unter anderem auch mit der parteipolitischen Verteilung der Fachressorts zusammen. Es muss auf jeden Fall deutlicher gemacht werden, dass Kinder- und Jugendhilfepolitik auch in andere Geschäftsbereiche des Bezirksamtes ausstrahlt. Das fängt an bei der Frage nach der Gestaltung von Grünanlagen da finde ich, haben Kinder und Jugendliche ein Wörtchen mitzureden bis hin zur Verteilung der Gelder für die Jugendhilfe.
FK: Wie wünschen Sie sich, dass Spandau 2011 aussieht?
UM: Das wäre dann ja meine erste Legislaturperiode als Bürgermeisterin. Ich wünsche mir, dass in Spandau ein ausgewogenes Verhältnis von Grün, Industrie, Dienstleistungen und Einzelhandel herrscht und das Spandau wieder eine Rolle in Berlin spielt. Ich wünsche mir, dass die Arbeitslosenquote in Spandau erheblich gesenkt sein wird, das Kinder und Jugendliche in allen Bereichen ernsthaft beteiligt werden. Und ich wünsche mir ein größeres ehrenamtliches Engagement. Zum Beispiel wäre es begrüßenswert, wenn es in allen Schulen Patenschaften von Senioren geben würde, die den Kindern vorlesen oder ihnen bei den Hausaufgaben helfen. Ich wünsche mir auch, dass die Bürgerinnen und Bürger durch eine vorbildliche Arbeit des Bezirksamtes bereit sind, mehr Eigenleistung einzugeben.
FK: Was sind die abschließenden Worte, die Sie den Spandauerinnen und Spandauern im Hinblick auf die Wahl am 17.6.2024 mitgeben wollen?
UM: Ich bitte darum, dass alle Spandauerinnen und Spandauer von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Wir haben das demokratische Recht, dass alle wählen gehen dürfen und daraus leite ich die Pflicht ab, auch wählen gehen zu müssen. Ich bitte alle, sich die Wahlprogramme und auch die Personen, die dahinterstehen, sehr genau anzugucken. Und natürlich werbe ich für mich.
Das Interview führte Kathrin Tschorn.