In etwa vier Stunden einmal um die Welt
ITB Berlin Von Indien aus ins Havelland
Meine globale Reise begann umgeben vom Stimmengewirr der Weltsprachen, ich stand in Halle 1 zwischen Costa Rica und Mexiko, die Sonne im Rücken und den Sombrero über die Stirn gezogen. Um nicht zu Beginn den Überblick zu verlieren, wich ich den heißen Gitarrenrhythmen und Gesängen aus, indem ich auf direktem Wege die Stände der Karibik hinter mir ließ und mir schwor, auch aufgrund der Heiterkeit, die mich dort umgab, später noch einmal nach Mittelamerika zurückzukehren. Auf dem Weg nach Indien, dem Part-nerland der ITB 2007, überredete mich eine Spanierin, zu einem Zwischenstopp in einer der vier Europahallen nur durch ihr Lächeln. Nach unserem viertelstündigen Gespräch musste ich mich beeilen, um am Ende dieses Urlaubstages noch in Afrika anzugelangen. Doch ich verfitzte mich in einer der europäischen Hallen zwischen polnischen Volksliedern und ungarischen Trachten, blieb zudem bei Cappuccino an der italienischen Präsentation hängen und entdeckte die Schönheit Kroatiens nur einige Meter später.
Wie viel es doch durch Reisen allein in Mitteleuropa zu erobern gibt, dachte ich vor mich hin und schon lockte mich an den Toren Asiens ein Bauchtanz aus Samoa, weiter zu gehen, nicht inne zu halten und sesshaft zu werden - Reisen ist Freiheit, Reisen heißt wandern und Abschied nehmen. In einem Halbkreis um die Tänzerinnen klatschten eine Hand voll Mädchen und Jungen aus Bali, staunten die zierlichen Augen derer, die von den Malediven stammten, fanden sich Inder mit ihren bunten Turbanen zusammen und ragten zwei farbige Einheimische Kenias aus der Menge, umgeben von weißblonden Schwedinnen und lustigen Persern. Im Vorderen Orient blies mir der Rauch von Wasserpfeifen entgegen und zwei Saudis stritten sich um Tee. Mir waren die Strände fast schon zu weiß, die Pools zu blau, die Hotels zu monströs und die Ausrichtung auf Massentourismus zu aufdringlich, als ich an den Vereinten Arabischen Emiraten vorbeizog. Doch als ich tatsächlich nach fast zwei Stunden in Indien einflog, lohnte sich der Weg durch fast Zweidrittel der 184 Länder, die es zu erreichen gab im Berlin dieser Tage. Inderinnen in zarter Seide begegneten mir aus allen Himmelsrichtungen, sympathische Gesichter huldigten und warben in allen Ecken ihre jeweiligen Urlaubsziele. Jede gelobte Gegend erstrahlte in bestem Licht und ungeachtet aller Problematik. Dabei bemerkte ich, wie übereifrig positiv Tourismus in seiner breiten Gestalt das jeweilige Land, die Gegend oder Ortschaft darstellt. Wenn Tourismus wirkt, ist alles gut, ist alles gesund, munter und gepflegt, bei der Fülle an Holidayresorts und dem glänzend polierten Angebot an Hotelanlagen fragte ich mich, ob man überhaupt mit Einwohnern in Verbindung gelangen kann, die nicht als Servicepersonal agieren und lächeln, weil sie bezahlt werden und ihr Lächeln ihr Überleben bedeutet. Tourismusanlagen verzerren die Wirklichkeit und verschleiern die Konflikte.
Getrübt geriet ich erstmals ins Stocken und ich musste mir versprechen, genauste Recherchen anzustellen, bevor ich das nächste Reiseziel auswählen würde, um meinen persönlichen Sommer oder Winter zu schmücken. Wenn es beispielsweise dank preiswertem Angebot mit TUI zur Dominikanischen Republik gehen soll. Verwirrt von der Einseitigkeit einer touristischen Landespräsentation zog ich dennoch weiter. Glaubend an die Schönheit der Welt und hoffend auf den Friedensbeitrag des Tourismus, der auch unabhängig
aller kommerziellen Ausgangsform dazu führen kann, Austausch zwischen Kulturen, Mentalitäten, Religionen und Eigenheiten zu fördern. Jeder einzelne Mensch, Reisende und Tourist in einem ist dafür verantwortlich, auf welchem Wege er andere Sitten, Städte, Sprachen und Strände kennen lernt, auf der Suche nach Geheimnissen und Naturschätzen muss ihn Respekt und Toleranz begleiten. Als mich eine pfundige Frau aus Zaire oder Mali tief ansah, während ich Kapstadt hinter mir ließ, begann ich die weltweit unterschiedliche Interpretation von Lachen zu hinterfragen und floh getrieben durch Heiratsängste vom schwarzen Kontinent.
Deutschland fing mich auf, vielmehr war es das Havelland was mich anlachte. Am Stand des Tourismusverbandes Havelland e.V. versank ich in die Präsentation der touristischen Schwerpunkte des sich vor unserer Haustür liegenden Ausflugsziels: Natur-, Wasser-, Rad- und Kulturtou-rismus wurden seit 10 Jahren ausgebaut und werden nun professionell angeboten.
Das drittbekannteste Reisegebiet im Land Brandenburg kann dank Wasserwanderkarte per Kanu oder Hausboot durchschifft und begleitet durch die neu erschienene Radwanderkarte durchfahren werden. Die fünf-tägigen Tourangebote bieten den Service, dass Gepäck von einer Übernachtungsstelle zum nächsten Nachtaufenthaltsort zu transportieren, so dass man die Havelländische Fluss und Seenlandschaft vor den Toren Berlins und Potsdams vollends genießen kann, ob als Gelegen-heitsradler oder Profibiker. Weite Felder, dichte Kiefernwälder, lebendige Dörfer und die Anbindung an Radfernwege, beispielsweise dem Elberadweg oder dem Radfernweg Berlin Kopenhagen überzeugten mich auf ihre Weise. Ebenso die Möglichkeit die malerischen Wasserwege nicht nur zu begleiten, sondern mich in ihnen als Kanute treiben zu lassen. Stationen sind Zeltplätze und Jugendherbergen an den Ufern oder die Besichtigung des touristisch erlebbaren Obstanbaus, abgesehen vom Klönen in einem der schönsten Landstriche Deutschlands und der vielen Sehenswürdigkeiten wie dem Optikpark Rathenow und dem Otto Lilienthal Museum in Stölln. Weitere Informationen kann man unter www.havelland-tourismus.de finden. Manchmal ist es gar nicht weit weg, so eine Reise in die Ferne!
Oliver Rühle